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Neben der täglichen Patienten-Behandlung bleibt wenig Raum für den Digitalen Wandel im Spital

by Annecilla Sampt

Jens Schulze ist Head of Information Technology beim Klinikum Leverkusen. Während Technologie im Krankenhaus mehr und mehr Einzug hält, stehen im Alltag der Patient und seine Bedürfnisse im Vordergrund. Veränderungen in Abläufen und der für die Digitalisierung notwendige Kulturwandel kommen dabei oft zu kurz. CIO Schulze hat federführend mit dem Projekt „Pflege- und Behandlungslogistik“ wichtige Schritte für die Digitalisierung gestaltet – was ihn zu einem Kandidaten für den Confare IDEAward macht, der beim BeCIO Summit 2019, am 26. September in Frankfurt am Main verliehen wird.

Was bedeutet Digitaler Wandel im Krankenhaus? Wo sind die wichtigsten Handlungsfelder?

Digitaler Wandel im Krankenhaus, Gesundheitswesen, in allen Unternehmen setzt erfahrungsgemäß einen allumfänglichen Kulturwandel in all diesen Institutionen und Bereichen voraus, weil man über diesen Kulturwandel und den damit zwangsläufig verbundenen Änderung der bisherigen Gewohnheiten, Regelungen, Anweisungen, inoffiziellen „Gepflogenheiten“ zur erforderlichen Prozessveränderung gelangt. Im Krankenhaus-Umfeld ist der digitale Wandel bisher schwer möglich, weil die Patientenbehandlung (Kernprozesse) anhand medizinischer- und pflegerischer Erkenntnisse (klinische Behandlungspfade) im Vordergrund steht, diese Erkenntnisse kontinuierlich vermittelt und so von Medizin & Pflege gelebt bzw. praktiziert werden. Somit findet der digitale Wandel zu selten Platz in den täglichen Prozessen der Patientenbehandlung. Trotzdem hält der digitale Wandel langsam und schrittweisen Einzug in die Krankenhaus-Welt, bspw. neue Medizintechniksysteme mit 3D-/ 4D- und KI-Funktionen bieten innovative Untersuchungsmöglichkeiten für Diagnosen und Therapien (personalisierte Medizin), aber grundlegende Prozesse um eine Patientenbehandlung bleiben oft im Krankenhaus unverändert.

Die wichtigsten Handlungsfelder zum erfolgreichen digitalen Wandel im Krankenhaus sind die regelmäßige verständliche Aufklärung aller Bereiche des Unternehmens in puncto Digitalisierung, der Start des allumfänglichen Kulturwandels im gesamten Unternehmen und Prozessänderungen, die bereits derzeit schon mit vorhandenen Ressourcen bzw. in der bestehenden Infrastruktur möglich sind (Stichwort Quick Wins). Bedeutet u.a. verfügbare Mittel und Services optimal nutzen/ ausnutzen, weil diese heutzutage für den digitalen Wandel bereits sehr viele ungeahnte Möglichkeiten bieten. Durch aufeinander abgestimmte Ressourcen (Organisation), (Teil-)Automatisierung von Prozessschritten (Konfiguration/ Anpassung der Systeme), leben von Prozessänderungen in bestehenden Infrastrukturen kann man z.B. unnötige Wartezeiten in den Patientenprozessen minimieren und seine knappen unternehmensinternen Ressourcen besser ggf. sinnvoller nutzen. Bei der Realisierung ergeben sich automatisch Möglichkeiten neue Technologien auszuprobieren um die Prozesse zu optimieren, zu verbessern und zu vereinfachen. Ebenso wichtige Handlungsfelder sind zentral verfügbare Informationen in allen Prozessschritten um den Patienten und benutzerfreundliche Services für alle am Patientenprozess Beteiligten, auch für den Patienten selbst, weil jeder Krankenhausaufenthalt lange bevor man zum Hausarzt geht beginnt, und lange nachdem man wieder gesund ist endet.

Was steckt hinter dem Projekt „Pflege- und Behandlungslogistik“? Was waren die konkreten Ziele?

Schulze . BeCIO Summit 2019Die aufeinander abgestimmte automatisierte Ressourcen- und Terminplanung zur Patientenbehandlung mit dem Schwerpunkt Bettenmanagement ist seit Jahren ein großes Thema bei uns im Klinikum, um die klinikinternen Prozesse am Patienten herum zu optimieren und die Ressourcen der Medizin & Pflege von artfremden Tätigkeiten zu entlasten zugleich veraltete Planungs-„Dokumentationssysteme“ zu eliminieren. Diesbezüglich haben wir eine Analyse zum Bettenmanagement initiiert, in welcher eruiert wurde, wie heutzutage und in Zukunft das Bettenmanagement dargestellt zudem in einer ganzheitlichen intelligenten Ressourcen- und Terminplanung integriert sein muss. Resultat dieser Analyse war ein Proof of Concept zur „Pflege- und Behandlungslogistik“ an einem definierten Patientenbehandlungspfad. Während der Proof of Concept – Phase kam es im Klinikum Leverkusen zu der Situation: „Notfall-Ambulanz wird selbst zum Patienten – Das Klinikum schickt Elternpaar mit krankem Säugling um 0:30 Uhr weg, weil kein Bett frei war.“ – so die damalige Pressemeldung. Ursache war bei unseren über 700 Betten kein zentraler Überblick über die aktuelle Bettensituation (freie-, belegte-, gesperrte Betten) auf den Stationen im gesamten Klinikum. Diese Situation veranlasste uns Teilaspekte des Bettenmanagements im Rahmen der zukunftsorientierten Pflege- und Behandlungslogistik vorrangig zu betrachten und anzugehen. Zur Prozessveränderung/ Prozessverbesserung wurden die zwei nachfolgenden Ziele abgeleitet:

  1. Eine zentral allumfassende Bettenübersicht in der Notfall-Ambulanz und im Patientenmanagement des Klinikum Leverkusen zur zeitnahen Steuerung des Patientenflusses. Realisiert über ein zentrales Bettendashboard, auf dem alle relevanten Informationen aktualisiert dargestellt werden.
  2. Das schnelle Auffinden von Spezialbetten im Klinikum Leverkusen durch den Transportdienst für die unverzügliche Bereitstellung zur stationären Patientenaufnahme. Realisiert über die Echtzeit-Lokalisierung der Spezialbetten (Bettentracking) mit unserer bestehenden WLAN-Infrastruktur im Klinikum.

Welche Erwartungen haben Ärzte, Pflegepersonal, Verwaltung und Patienten?

Die gesamten Prozesse müssen einfacher, besser werden und sich ändern, nur meine persönlich gelebten Prozesse sollen ruhig so bleiben wie sie sind. So die Erwartungshaltung der einzelnen Personen in den verschiedenen Berufsgruppen im Krankenhaus. Technik gleichfalls IT-Systeme unbeschwert und unkompliziert in den Prozessen nutzen, das war und ist eine weitere Erwartungshaltung aller Berufsgruppen im Krankenhaus, weil der Patienten in seiner individuellen Situation im Vordergrund steht. Die Patienten sehen sich in der heutigen Zeit im Mittelpunkt unseres Handelns und verbinden damit, dass das Krankenhaus als ein serviceorientierter Dienstleister agieren muss.

CIO Summit 2019 - Talente bewegen

Was war für den Projekterfolg ausschlaggebend?

Trotz des gravierenden Investitionsstaus im Krankenhaus-Sektor mit begrenzten Ressourcen und vorhandenen Mitteln in bestehender Struktur den digitalen Wandel angehen, nicht aufgeben und Möglichkeiten zur Realisierung suchen, ausprobieren und nutzen. Dabei Erfahrungen sammeln, aus Fehlern lernen, trotzdem weitermachen und die Ziele verfolgen. In so einem Projekt ist auch der Wandel des Menschen mit dem Projekt zu erkennen. Erst sind die Betroffenen auf Distanz, haben teilweise eine Abwehrhaltung gegenüber der neuen Technologie. Nach persönlichen Erkenntnissen zur Entlastung der täglich gelebten Prozesse kommt dann die Forderung der Betroffenen nach 100%iger Verfügbarkeit der neuen Technologie, weil sie nun in den Prozessen unerlässlich ist und dann kommen auch die Ideen der Betroffenen zum weiteren Ausbau dieser neuen Technologie. Bis dahin müssen alle Betroffenen und Beteiligten immer wieder in eine Blickrichtung gebracht werden, so dass die Ziele/ das Big Picture nicht aus den Augen verloren wird. Ganz wichtig ist die ununterbrochene Kommunikation und Transparenz in allen Richtungen, sowie der Wille seinen Kunden Gutes zu tun.

Wo siehst Du die nächsten Schritte? Mit welchen Innovationen darf man noch rechnen?

Da das Bettentracking ein Echtzeitsystem ist und zukünftig auch um Patiententransportstühle, Materialwagen, etc. erweitert werden soll, so müssen die zugehörigen virtuellen Systemumgebungen als nächsten Schritt auf eine ausreichend dimensionierte Serverhardware umziehen. Gleichzeitig muss die bestehende Infrastruktur mit dem Ziel zum flächendeckenden WLAN weiter ausgebaut werden, um so die Lokalisation zu verbessern. Zudem soll das Bettentracking mit unserer Transportprogrammsoftware in Verbindung gebracht werden, damit aus der Lokalisierung des Bettentracking automatisiert ein Transportauftrag inkl. Laufroutenberechnung für den Transportdienst auf das entsprechende Smartphone des Transportmitarbeiters geschickt werden kann. Auch sollen unsere derzeit vernetzten Aufzüge (Fahrstühle) zukünftig mit den Tags der Betten und mit der Transportprogrammsoftware zur automatisierten aufeinander abgestimmten Logistiksteuerung kommunizieren. Durch diese Vernetzung kommen wir tiefer in die gesamten Themen: Internet of Things (IoT), Mobility/ mobile- und automatisierte Prozessunterstützung. Diese ganze Struktur soll perspektivisch an unseren zentralen Digital Enterprise Bus angebunden werden, damit diese Logistik- und Planungsdaten mit Patientenbezug im standardisierten Format (HL7 FHIR) für alle abgebildeten Prozesse zugleich Services (z.B. dem Klinik-Organisationssystem – KOS) zur Verfügung stehen.

Was bedeutet für Dich der Confare #IDEAward? Warum ist es wichtig Erfolgsprojekte vor den Vorhang zu holen?

Kommunikation von innovativen Themen/ Projekten über Deutschland hinaus auch in anderen Branchen und Empfängerkreisen hinein. Tue Gutes und rede darüber, das wird in der Krankenhaus- und Gesundheits-IT bisher zu wenig getan. Wie viele gute innovative Projekte bzw. Projektideen sind in den letzten 10 Jahren aus der Krankenhaus- und Gesundheits-IT transparent gemacht wurden und haben Bekanntheit erlangt? Das Thema Gesundheit betrifft alle, jeder ist mal Patient und sollte von Möglichkeiten in Prozessen um seine Gesundheit gehört haben.

Talente bewegen … be the influence

So das Motto des 3. Confare Be CIO SUMMIT am 26. September 2019 in Frankfurt am Main. Denn CIO zu sein bedeutet auch, im Digitalen Zeitalter Menschen zu bewegen, Einfluss auf Business und Geschäftsmodell zu nehmen und die richtigen Mitarbeiter zu finden.

Treffen Sie auf Experten und Meinungsbildner aus namhaften Unternehmen, wie etwa Heidelberger Druckmaschinen, FC Bayern München oder STRABAG.

Die Anmeldung für IT-Manager ist nicht mit Kosten verbunden.
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